Eigentlich sollte es diese Seite, unseren Podcast, ach, das ganze Projekt ja gar nicht geben müssen. Frauen schreiben, genauso wie Männer. Ist doch alles fein? Ihr – oder Sie – ahnt natürlich, dass das nicht so ganz stimmt. Vielleicht ist es sogar Gewissheit, weil ihr und Sie all die Zahlen, Studien und Bestseller-Listen und Autorïnnenzeilen genauso sorgfältig begutachten wie wir und dabei auch immer wieder merken: Frauen schreiben natürlich auch, aber so selbstverständlich gesehen, besprochen und diskutiert wie Männer werden sie deswegen noch lange nicht.
In den von den Kulturministerien dieses Landes verabschiedeten Kanon-Listen für das Deutschabitur 2020 finden sich von 33 Autorïnnen gerade mal drei Frauen: Judith Hermann, Christa Wolf und Juli Zeh.
Von den bislang 116 Nobelpreisträgerïnnen sind nur 12 Prozent Frauen.
Bücher von Autorinnen kosten im Durchschnitt 45 Prozent weniger als die von Autoren.
Diese Zahlen haben etwas mit uns gemacht. Sie haben uns aufgerüttelt. Sie haben uns aktiv werden lassen. Seit September betreiben wir einen Instagram-Kanal, auf dem wir auf diese Zahlen immer wieder hinweisen, auf dem unter #frauenschreibenauch die besten Empfehlungen unserer Community teilen, auf dem wir Texte, Texte, und nochmals Texte empfehlen. In unserem gleichnamigen Podcast, wir haben ihn eingangs erwähnt, besprechen wir dazu alle zwei bis drei Wochen eine Autorin, ihr Werk, und was das eigentlich mit Feminismus zu tun hat. Haben Frauen immer schuld? (Medea) Wie dominant darf man schreiben (Judith Hermann) Wie schauen ‚andere‘ Frauencharaktere aus? (Joanne K. Rowling)
Wir finden nicht immer eine Antwort auf diese Fragen, aber wir nähern uns ihnen mit jedem Post, jeder Folge ein bisschen mehr. Denn wir wissen: Frauen schreiben nicht nur. Sie haben auch etwas zu sagen.
Wer »wir« eigentlich sind
Katharina (Katha) Meyer zu Eppendorf, 28, Journalistin
Wurde als Tochter eines Ost-West-Pärchens in Georgsmarienhütte geboren, das ist elf Kilometer von Eppendorf entfernt, einem 180-Einwohner-Dorf in Südniedersachsen. Ähnlich wie Vivi mochte sie Deutsch schon immer, bekam vom Studieren lange nicht genug (erst Politik- und Kulturwissenschaft, danach Friedens- und Konfliktforschung) und wollte immer schreiben, schreiben, schreiben. An der Henri-Nannen-Schule in Hamburg hat sie das von 2018 bis 2019 auch gelernt. Heute arbeitet sie als Redakteurin für ZEIT Campus schreibt am liebsten Porträts, Reportagen und Essays über Feminismus, Zivilgesellschaft und Machtmissbrauch.
Vivien (Vivi) Helmli, 28, Literaturwissenschaftlerin
kommt aus dem Siegerland und bekam von ihrem Englisch-LK-Lehrer die Berufsprognose »Anführerin der Frauenbewegung«. Vivi sagt dazu: »Ich habe mich im Unterricht schon am Kanon gestört und Effi Briest hat mir den Rest gegeben«. Mit dem gesellschaftlichen Status Quo wollte sie sich aber natürlich trotzdem nicht zufrieden geben und entschied in Marburg Germanistik zu studieren. Nach vier Jahren und einigen Bekanntschaften, darunter auch Katha, zog Vivi nach Hamburg. Ein zweiter Bachelor sollte her: diesmal in Bibliotheks- und Informationsmanagement, den sie mit einer Arbeit zur Geschlechterungerechtigkeit in den Führungsetagen in öffentlichen Bibliotheken abschloss. Für ihren Master, ein Glück, kehrte sie zur Literaturwissenschaft zurück. Derzeit schreibt Vivi ihre Masterarbeit im Studiengang »Deutschsprachige Literaturen«.